5 Fragen an Frauke Wille (Bundesagentur für Arbeit)

MonitoringMatcher: Bundesagentur für Arbeit und das Monitoring – Fünf Fragen an Frauke Wille Social Media Monitoring in Behörden ist ein immer wieder umstrittenes Thema. Anfang des Jahres geriet die Bundesagentur für Arbeit aufgrund einer Ausschreibung für ein „Social Media Monitoring Tool“ in einigen Medien in die Kritik. Es war sogar vom „Nürnberger Spionageamt“ die Rede, das gezielt Erwerbslose in sozialen Medien „überwachen“ wolle (Junge Welt vom 6. Januar, inzwischen leider hinter der Paywall verschwunden).

MonitoringMatcher: Bundesagentur für Arbeit und das Monitoring – Fünf Fragen an Frauke WilleInzwischen haben sich die Wogen wieder geglättet. Wir freuen uns, dass uns Frauke Wille für ein Interview zur Ausschreibung und der Kritik an der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stand. Frauke Wille ist seit 2007 Pressereferentin bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Sie ist außerdem Pressesprecherin in der Zentrale der Bundesagentur in Nürnberg und betreut die Medienbeobachtung sowie die Weiterentwicklung der Social-Media-Aktivitäten der Bundesagentur für Arbeit.

Die Bundesagentur für Arbeit hat soziale Medien bereits vorher beobachtet. Warum haben Sie nun ein neues Monitoring Tool gesucht und mit welchem Ziel will die Bundesagentur Social Media Monitoring in Zukunft einsetzen?

Das Tool soll vor allem dazu dienen, Kundenstimmungen und Debatten in den sozialen Medien für uns als BA überhaupt sichtbar zu machen. In der Vergangenheit haben wir mit einer aggregierten Management Summary gearbeitet, bei der mit größerer Zeitverzögerung eine Zusammenfassung von Diskussionen geliefert wurde. Uns geht es jetzt darum, bei aktuellen Themen zu erfahren, ob Kunden/ Kundinnen und Bürger/Bürgerinnen besondere Erfahrungen gemacht haben und ob bei kritischen Themen z.B. in bestimmten Regionen oder Dienststellen ein Problem gehäuft auftritt. Dies soll z.B. unserem Kundenreaktionsmanagement ermöglichen, ein Problem frühzeitig zu erkennen und mit den betroffenen Regionen zu klären, welche Probleme vor Ort konkret vorliegen.

Für die Pressearbeit erhoffen wir uns, durch eine aggregierte Betrachtung frühzeitig erkennen zu können, ob bestimmte Themen die Menschen besonders betreffen oder sie kontrovers diskutiert werden – oder ob es z.B. Missverständnisse bei bestimmten Sachverhalten gibt. Dort können wir dann auch über Pressearbeit informieren. Ein Beispiel: es kursieren in der Sommerzeit oft falsche Angaben in sozialen Medien darüber, wie man sich als Arbeitsloser zu verhalten hat, wenn man in den Urlaub fahren möchte, welche Absprachen mit Jobcenter oder Arbeitsagentur nötig sind etc. Wenn wir diese falschen Informationen finden, können wir direkt korrigieren und helfen.

Was waren die Anforderungen an ein Tool?

Über die BA wird auch im Onlinekanal diskutiert. Soziale Medien sind dabei eine Säule der Meinungsbildung. Die BA kann auf Ihre Wahrnehmung nur dann angemessen reagieren, wenn bekannt ist, wie über sie in den sozialen Medien diskutiert wird.

Das Social Media Monitoring Tool zielt nicht auf einzelne Gesellschaftsgruppen oder die Überwachung von Kunden/Erwerbslosen ab. In keiner Weise werden Onlineverhalten oder Aussagen gezielt von einzelnen Personengruppen wie z.B. Erwerbslosen ausgewertet. Es werden nur freiwillig im Internet veröffentlichte Daten aller Nutzer einbezogen (konkludente Freigabe).

Folgende Anforderungen werden in der Leistungsbeschreibung aufgeführt:

  • Übergeordnetes Ziel für das Social Media Monitoring Tool ist die Messung und Optimierung der Kundenzufriedenheit und Außenwahrnehmung der BA im Social Web auf Basis von Trendanalysen
  • Automatisiertes Erfassen von deutschsprachigen Online Presse- und Nachrichtenmeldungen (Online-Presseclipping)
  • Messung des Erfolgs eigener Online-Aktivitäten und Kampagnen und Ableiten von konkreten Handlungsempfehlungen
  • Durchführung fundierter, datengetriebener Trend-/Markt-Analysen
  • Identifikation von Kunden-Bedürfnissen und Optimierungspotentialen in Bezug auf konkrete Produkte und Services der BA
  • Erhöhung der Flexibilität im Umgang mit Social Media Analysen und Kostenreduktion durch eine vollautomatisierte softwarebasierender Lösung
  • Frühzeitige Identifikation von gegenüber der BA kritischen Online-Inhalten (wie zum Beispiel unautorisierte Mitschnitte aus Beratungsgesprächen auf Youtube, Fake- Facebook-Profilen etc.) Dies ist ein Thema, das in der letzten Zeit zugenommen hat und wo wir zum Schutze unserer Mitarbeiter/innen aktiv werden müssen.

Was genau ist mit Blick auf die Ausschreibung denn in Ihren Augen „schief gegangen“? Und wie konnten Sie dieses Problem lösen?

Wir haben unterschätzt, wie sehr befürchtet wird, wir könnten Kunden „ausspionieren“. Dabei hatten und haben wir nicht die Absicht, individuelle (Kunden-)Daten zu erheben, sondern wollen Diskussionen verfolgen. Wir greifen selbstverständlich nur auf öffentlich verfügbare Daten zurück. Kein/e Mitarbeiter/in einer Arbeitsagentur oder eines Jobcenters wird das Tool nutzen – nur Mitarbeiter/innen aus der Öffentlichkeitsarbeit der Zentrale, dem Kundenreaktionsmanagement, aus der IT-Strategie und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Die Ausschreibung selbst ist korrekt gelaufen.

Und was ist mit der Kritik, Sie hätten den Bundesdatenschutzbeauftragten und andere übergeordnete Instanzen nicht einbezogen?

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie das BMAS haben Kenntnis von dem Tool, das die BA eingekauft hat.

Eine Verpflichtung zur vorzeitigen Einbeziehung der BfDI o.a. besteht nicht. In Anbetracht der Debatte, die uns selbst überrascht hat, werden wir die Zusammenarbeit mit der Bundesbeauftragten aber nochmals intensivieren. Wichtig ist uns die Feststellung, dass wir Mitteilungen der BfDI bzgl. des Einsatzes von Social Media bereits in der Vergangenheit aufgenommen haben. So haben wir z.B. unseren Dienststellen mitgeteilt, dass sie Social Media und andere im Internet verfügbare Inhalte z.B. nicht auf Kundendaten durchsuchen dürfen bzw. nicht durchsuchen sollen, da hier strenge datenschutzrechtliche Regelungen greifen.

Was würden Sie „beim nächsten Mal“ anders handhaben?

Hier kann ich eigentlich nur auf meine vorherigen Antworten verweisen: Da die Themen Social Media und Datenschutz eng miteinander verknüpft sind, müssen wir frühzeitig transparent darstellen, welche Inhalte wir auswerten wollen und zu welchem Zweck – damit solche Missverständnisse gar nicht erst entstehen.

Vielen Dank für das Interview, Frau Wille!

Da die Ausschreibungsunterlagen sowie die Informationen zur Zuschlagserteilung unter bund.de nicht mehr online verfügbar sind, danken wir der Bundesagentur für Arbeit, dass wir die Dokumente nachfolgend zum Download bereitstellen können:

Gerade der Blick auf die Leistungsbeschreibung lohnt sich v. a. für Behörden, die sich gerade mit dem Thema Social Media Monitoring beschäftigen – aber natürlich auch für alle anderen. 🙂

Copyright Titelbild: Bundesagentur für Arbeit

MonitoringMatcher

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Hier schreiben vor allem Stefan Evertz und Katja Evertz – Gastautoren sind aber sehr willkommen (siehe auch Mission).